Ludwig Senfl

Seit dem 19. Jahrhundert gilt Ludwig Senfl als einer der wichtigsten Renaissance-Komponisten und als Leitfigur der Komponistengeneration zwischen Heinrich Isaac und Orlando di Lasso im deutschsprachigen Raum. Sein Leben muss in jenem musikalischen, literarischen, theologischen und politischen Rahmen gesehen werden, der durch die transnationale Lebenswirklichkeit am Beginn des 16. Jahrhunderts und durch eine aufkommende Sensibilisierung für nationsorientierte Ideen definiert wird.

Senfls Netzwerk reicht von den Humanisten der Zeit wie Vadian und Minervius bis hin zu seinen Korrespondenzen mit zentralen Figuren des neuen Glaubens (Martin Luther, Veit Dietrich, Albrecht von Brandenburg) und zeigt seine maßgebliche Rolle am Beginn der Konfessionalisierung. Die kontinuierliche Bedeutung des Komponisten und seiner Werke für die Musikgeschichte des 16. Jahrhunderts ist durch die Wertschätzung von Seiten seiner Zeitgenossen ebenso dokumentiert wie durch jene von Komponisten aus späteren Jahrhunderten (zu nennen wäre hier etwa Richard Wagner), aber auch durch die frühe Rezeption seiner Werke im Zuge der Etablierung des Faches Musikwissenschaft im 19. Jahrhundert.

Trotz des nachhaltigen Interesses am musikalischen Schaffen Senfls und den verschiedentlich unternommenen Versuchen, seiner Person als Sänger, Schreiber und Komponist näher zu kommen, entzog sich das Schaffen Ludwig Senfls für lange Zeit einer genaueren Charakterisierung. Dies überrascht umso mehr, als Senfl an zwei der wichtigsten Zentren des frühen 16. Jahrhunderts tätig war: am Hof Kaiser Maximilian I., wo er seine Karriere als Sänger, Schreiber und Komponist begann, und (seit 1523) in München, wo er als Hofkomponist für Herzog Wilhelm IV. von Bayern wirkte.

Die Gründe für die bisher nur unzureichende Erforschung lagen lange in der fehlenden Übersichtsdarstellung über das enorme Œuvre einerseits, das in europäischen Archiven und Bibliotheken verstreut ist, und in der Unvollständigkeit der vorhandenen Werkausgaben andererseits, die eine genauere Beschreibung von Chronologie, Stil und Rezeption bis heute erschweren. Erst Birgit Lodes legte mit ihrem Artikel „Senfl“ (MGG2) den Grundstein für eine systematische Auseinandersetzung mit dessen Schaffen, die seit 2008 kontinuierlich in verschiedensten Formaten vorangetrieben wird.

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